Pracht und Armut – Nachbarn am City Palast
Nach der Albert Hall sind wir zum City Palast gefahren, dem Palast, in dem die vergangenen Maharadjas von Jaipur gewohnt haben und in dem noch heute ein Teil für die Residenz seiner Exzellenz vorbehalten ist.
Der große Rest jedoch ist für touristische Besuche freigegeben und enthält auch einige Sonderausstellungen in Gebäuden, die jeder für sich wie ein kleiner Palast aussehen.
Im Citypalast ist der Eintrittspreis noch etwas höher als in der Albert Hall – er liegt für Ausländer bei 300 Rupien (etwas mehr als 4 Euro), im Preis ist immerhin ein Audio Guide enthalten und einem Schlangenbeschwörer darf man unterwegs auch umsonst zusehen. Schlange stehen wiederum mußte man nicht und ein freundliches „bis bald“ wurde mir von der Audioguide-Verteilerin auch noch hinterher geworfen.
Vor dem City Palast ist ein Parkplatz bzw. eine Stelle, auf der man bezahlt parken kann und Platz für ein Gefährt findet. Der Boden ist unbefestigt, uneben und an vielen Stellen mit Unrat bedeckt, Busse stehen dort genauso wie Rikshas, bettelnde Kinder in erbarmungswürdigem Zustand belagern die wenigen Touristen, die dort aus ihren Fahrzeugen steigen und am Rand liegen Obdachlose im Schatten und schlafen. Einen Parkplatzwärter gibt es jedoch trotzdem, er verlangt 50 Rupien worauf hin Bata einen entrüsteten Wortschwall auf Hindi äußert, der ganz offensichtlich blankes Entsetzen über diese Preise enthält. Dem Zustand des Parkplatzes angemessen scheint das Entgelt jedenfalls nicht. Der Palast ist jedoch prächtig in jeder Hinsicht, unvorstellbar, dass es nur wenige Meter vor der Tür so anders aussieht.
Der Palast selbst wurde 1890 gebaut und besteht aus einem ganzen Komplex von Gebäuden, die durch ein Netz von Innenhöfen miteinander verbunden sind. Wikipedia schreibt, dass er „von hohen Mauern umschlossen zwischen schönen Gärten und stolzen Höfen“ steht – da war ich wohl einfach auf der falschen Seite, ich habe von beidem nichts gesehen.
Zwei Mal Vierzehn Tausend Silbermünzen – für den Transport heiligen Wassers
Natürlich ist auch der gesamt Palastkomplex in rosarot gehalten, aber in Kontrast dazu stehen Gebäudeteile mit hellen Farben oder ist das dunklere rot mit weißen Ornamenten und Schmuckstreifen bemalt.

riesige Silbergefaesse im Citypalast (mit meinem Spiegelbild) - links das Gebäude, in dem sie stehen
Als ein Highlight finden sich im Inneren zwei gigantische Silbergefäße, in denen einer der reisenden Maharadshas sich sein heiliges Wasser auf eine ferne Reise mitführte. Für jedes der Gefäße hat er dazu 14.000 Silbermünzen aus seiner Schatzkammer verarbeiten lassen.
Alle Jahreszeiten in einem Hof – Pfauen, Blumen, Frauen und eine Rapunzelbalustrade
Einer der Höfe hat vier prächtige Türen – für jede Himmelsrichtung eine, die jede eine Jahreszeit verkörpern: Frühjahr, Sommer, Monsun und Winter. Das Dekor ist überwältigend schön.
Es gibt Dekore aus glasierter Keramik in berückenden Blau- und Grüntönen, geradezu ägyptisch oder jugendstil-artig anmutende Blumendarstellungen, Details wie Pfauen oder Frauenfiguren, die den Blick fangen und eine ganze Weile nicht wieder loslassen. Die Türen selbst sind mit fein bearbeitetem Messing beschlagen und und wiederholen im Schmuckrand die Bogenlinien der Wandaussparungen. Ein sehr harmonisches Ganzes, das durch klaren Linien, Farben und Formen besticht.
Dieser Hof war einfach am schönsten. Auch die Balkons nach innen waren reich gestaltet und griffen das Pfauendekor auf. An einer Hofseite gab es eine Balustrade mit kleinen Türmen und goldenen Spitzen dahinter, die schon richtig nach 1001 Nacht aussahen. Rapunzel könnte auch dort ihr Haar herunterlassen.
Direkt an diesem Hof liegt auch der Wohnbereich der herrschenden Familie.
An einer Wand in der Nähe hängt dann auch ein obligatorisches Familienfoto, das ein wenig schräg wirkt, da ein junger Prinz im Sweatshirt und auf Socken dort steht und auch sonst kaum jemand Schuhwerk anhat auf dem Bild. Ganz im Kontrast zur legeren Kleidung der Kinder steht die Aufmachung der Maharani, der Ehefrau des Herrschers. Nicht nur ihre Kleidung ist herrschaftlich sondern auch ihre Haltung.
Ein Maharadja, der sich den Turban selbst bindet, ist schon halber Sozialist
Im Inneren gibt es auch einige Bereiche, in denen Fotografieren nicht gestattet ist – u.a. in der Textilabteilung, die umwerfende Zeugnisse handwerklicher Meisterkunst darbietet.
Da lacht das Herz einer Textilkunstfreundin und das Fotoverbot tut schon recht weh. Das Gebäude selbst ist wie ein Palast im Palast, selbst das Wachpersonal sieht mit seinen roten Turbanen aus, wie aus einer alten Zeit entstiegen.
Im Audience-Saal stört mich das Fotografierverbot wenig, ich finde alle Paläste sehen mehr oder weniger gleich aus in dieser Art von Saal. Das Zurschaustellen von Protz für besondere Besuche hat mich noch nie begeistert. An den Wänden hängen immer Gemälde von Männern in Herrscherposen und mit Orden an der Brust, auf dem Boden liegen riesige Teppiche, irgendwo stehen prominent mit rotem Samt bezogene Sessel herum und von der Decke hängt ein gigantischer Kronleuchter – immer das gleiche mit wenig Variationen, auch wenn der hier hängende Kronleuchter der größte in Indien sein soll. Interessant ist ein Bild vom letzten Maharadja des unabhängigen Rajasthans. Nicht dass es anders aussieht als das allgemeine Herrscher Schema F aber in der Beschreibung des Bildes steht, dass er Wert darauf legte, sich nicht zu sehr abzuheben vom Volk, dass er den Stoff für seine Kleidung selbst färbte und auch seinen Turban selbst zu binden pflegte sowie darüber hinaus viele soziale Reformen einführte, die das Leben seiner Untertanen verbesserten. Er sei ein Freund seines Volkes und Wohltäter gewesen.
Ein Hort von Elefanten oder was kostet die Freundschaft zum Palast?
Bevor wir völlig fußlahm das Gelände wieder verlassen, wollen wir nur einen Blick in den mitten im Herz des Palastes gelegenen Geschäftes der „Freunde des Palastes“ werfen.
Dieser kleine Blick hat eine Stunde gedauert und mich um etliche Rupien erleichtert. Schwach geworden bin ich zwar nicht bei den auch vorhandenen leicht Bollywood-artigen Malereien aber am Stand eines Malers, der auf über hundert Jahre alten Papieren, die einst staatliche Formulare mit großen Amtstempeln waren, kleine Bildminiaturen in berückender Qualität gemalt hat.
Die strahlenden Farben und der feine Strich seiner Figuren stehen in starkem Kontrast zum grünlich braunen Ton des alten Papiers, das an seinen Rändern schon beschädigt ist, manchmal sogar kleine Löcher aufweist und in den meisten Fällen sowohl vorn als auch hinten mit alter Schrift beschrieben ist. Diese Kombination ist umwerfend. Da er sehr viele dieser Bilder anzubieten hat und jedes ein Unikat und auf seine Weise schön ist, fällt mir die Entscheidung schwer – das wiederum zieht den Prozess „etwas“ in die Länge. Batas Geduld ist erstaunlich. Am Ende verlasse ich mit vier seiner Zeichnungen sowie den dazugehörigen Passe-partouts die „Freunde des Palastes“. Nicht weit davon entfernt stehen zwei Elefanten vor einem der Durchgangstore. Ich vermisse meinen Sohn – er ist ein großer Elefantenfan. In Indien müßte es ihm schon daher sehr gefallen, Elefanten gibt es hier in jeder Erscheinungsform, auch im Laden gab es Elefanten in jeder Form und Farbe.
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